Als Tierpsychologin und Katzenverhaltensberaterin liegt mir dieses Thema besonders am Herzen. Denn die Wahl einer/eines seriösen Züchter*in ist für das aktuelle und zukünftige körperliche und seelische Wohl der Katze entscheidend. Gleichzeitig schützt sie auch die zukünftigen Halter*innen. Denn gesundheitliche Probleme und Verhaltensauffälligkeiten lassen sich häufig auf tierschutzwidrige Zucht, unkontrollierte Vermehrung, mangelhafte Aufzucht, fehlende Sozialisierung oder genetische Vorbelastungen zurückführen. Solche Startbedingungen belasten nicht nur das Wohlbefinden der betroffenen Tiere, sondern stellen auch für die Adoptanten eine erhebliche Belastung dar – emotional wie finanziell, etwa durch Tierarztbesuche oder verhaltenstherapeutische Maßnahmen.
Nachfolgend zeige ich Ihnen -basierend auf aktuellen kynologischen (die Wissenschaft und Fachkunde rund um die Katze betreffenden), ethologischen und tierschutzrechtlichen Standards- auf, woran Sie eine/n verantwortungsvolle/n, kompetente/n und seriöse/n Züchter*in erkennen.
1. Zuchtziel: Gesundheit, Verhalten & Rassestandard – nicht Profit
Ziel seriöser Zucht ist die Hervorbringung gesunder, wesensfester und rassetypischer Tiere auf Grundlage aktueller genetischer, ethologischer und tierschutzrechtlicher Erkenntnisse. Dabei stehen körperliche Gesundheit, stabiles Sozialverhalten und standardkonformes Erscheinungsbild gleichrangig im Fokus – mit dem übergeordneten Ziel, eine gesunde Population zu erhalten, nicht wirtschaftliche Interessen.
Achten Sie bitte auf:
- Nachweise über genetische Gesundheitstests, angepasst an die jeweilige Rasse (z. B. HCM, PKD, PRA, SMA, GM1/GM2 u. a.).
- Offene Kommunikation der/des Züchterin/s (kompetente und geduldige Beantwortung von Fragen, Problemlose Einsicht in Haltungs- oder Abstammungsdokumente etc.).
- Lückenlos nachvollziehbare Stammbäume mit bekannten Ahnen über mehrere Generationen.
- Informationen über Inzuchtkoeffizient. Eine seriöse Zucht strebt einen möglichst niedrigen Inzuchtkoeffizienten (IK) an – idealerweise unter 6,25 %, besser noch unter 3 % –, um das Risiko rezessiver Erbkrankheiten, verminderter Fruchtbarkeit und erhöhter Kittensterblichkeit zu minimieren.
- Offenheit über mögliche rassetypische Erkrankungen (z. B. hypertrophe Kardiomyopathie bei Maine Coons).
- Kein Verkauf an „Jeden“! Sorgfältige Auswahl der Adoptanten im Rahmen eines ausführlichen Vorgesprächs. Rückfragen zu Lebenssituation und Haltungsbedingungen sind ein Muss! Ist ein vor-Ort-Termin logistisch umsetzbar, bieten verantwortungsvolle Züchter*innen den potenziellen Adoptanten in manchen Fällen auch einen Hausbesuch an; insbesondere dann, wenn Unsicherheiten zur geplanten Haltung bestehen. Dieser kann dabei helfen, offene Fragen zu klären und gemeinsam optimale Bedingungen für das Kitten zu schaffen. Ist ein Hausbesuch nicht umsetzbar, sind ein detailliertes Vorgespräch sowie Fotos oder ein virtueller Rundgang umso wichtiger.
- Kitten werden nicht unter Zeitdruck abgegeben.
2. Aufzuchtbedingungen: Familienanschluss statt Käfighaltung
Die sensible Phase (Prägephase) bei Katzen umfasst etwa die 2./3. bis 9.–12. Lebenswoche und ist entscheidend für die emotionale und soziale Entwicklung. Eine Aufzucht im Haus mit engem Kontakt zu Mutter und Wurfgeschwistern (wenn vorhanden, auch andere Tiere wie Hunde), Menschen und Alltagsreizen, legt den Grundstein für eine gesunde soziale und emotionale Entwicklung. Das beinhaltet vor allem stabiles Sozialverhalten, angemessene Stressbewältigung, ein gesundes (alters- und entwicklungsgemäß, sozial angepasst und förderlich für emotionale, soziale und kognitive Reifung) Spielverhalten, Frustrationstoleranz, Impulskontrolle sowie den Umgang mit Umweltreizen. Mutter und Wurfgeschwister vermitteln dabei zentrale soziale und verhaltensbiologische Impulse.
Achten Sie bitte auf:
- Freier Zugang zum Wohnbereich – kein Aufwachsen in Zuchträumen oder Boxen
- Kitten zeigen sich neugierig, verspielt und zutraulich – nicht schreckhaft oder zurückgezogen
- Anwesenheit des Muttertiers – ruhig, gepflegt, menschenbezogen, ohne Anzeichen von Stress oder Angst
- Kontakt zu Menschen verschiedenen Alters (z. B. auch Kinder) sowie Alltagsgeräuschen (Staubsauger, Türklingel etc.) und Besuch
- Mögliches Zusammenleben mit sozialverträglichen Katzen oder Hunden, um artübergreifende Sozialkompetenz zu fördern
- Sichtbare vielfältige Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten, die aktiv genutzt werden: z. B. Klettermöglichkeiten, Rückzugsorte, interaktive Spielzeuge und sensorisch stimulierende Reize (visuell, taktil, auditiv, olfaktorisch). Eine abwechslungsreiche Umgebung unterstützt Kognition, Motorik, Neugier und soziale Entwicklung – reizarme Haltung hingegen ist entwicklungshemmend.
- Gepflegte Umgebung und Hygiene – saubere Katzentoiletten, geruchsneutrale Einstreu, saubere Ressourcen und Räume
- Bestenfalls: Schutzmaßnahmen beim Besuch (z. B. Händedesinfektion);
gerade bei Jungtieren sind Hygieneregeln ein Zeichen von Fachkenntnis und Sorgfalt!
3. Sozialisierung und Verhalten
In den ersten Lebenswochen müssen Kitten lernen, souverän mit Menschen, Artgenossen, anderen Tieren und Umweltreizen umzugehen. Nur durch bewusste, positive und regelmäßige Reizeinwirkung durch die Züchter*in können die sensiblen Phasen optimal genutzt werden.
Achten Sie bitte auf:
- Alltagsintegration statt Isolation: Kitten leben aktiv im Familienalltag und nicht isoliert im „Kittenzimmer“
- Positiver Kontakt zu Menschen, idealerweise verschiedener Altersgruppen (auch Kinder unter Anleitung)
- Kontakt zu anderen Tieren, z. B. sozialverträglichen Katzen oder Hunden als tierische Sozialisierungspartner
- Gewöhnung an Umweltreize wie Staubsauger, Türglocke, Musik, Straßenlärm, Besuch
- Ruhige, kontrollierte Umgebung – keine Reizüberflutung oder Hektik
- Gezieltes Handling-Training: Hochheben, Bürsten, Pfotenberührung, Transportbox etc., um spätere Pflegemaßnahmen zu erleichtern
- Individuelle Verhaltensbeobachtung durch die Züchter*in, um z. B. schüchterne oder sensible Kitten gezielt zu fördern
- Kein frühzeitiger Entzug von Mutter und Geschwistern – essenziell vor allem für Beißhemmung, Spielverhalten, Frustrationstoleranz und Sozialkompetenz
4. Gesundheitsvorsorge und tierärztliche Begleitung
Ein/e seriöse/r Züchter*in arbeitet eng mit einem Tierarzt zusammen und hält sich an empfohlene Impf- und Entwurmungsprotokolle.
Achten Sie bitte auf:
- Nachweise über Impfungen (mind. Katzenschnupfen, Katzenseuche)
- Mikrochip-Implantation
- Mikrochip-Implantation ist bereits ab einem Alter von etwa 8 Wochen möglich und zulässig, sofern das Kitten stabil und gesund ist.
- Empfohlen wird der Chip spätestens bei oder vor der ersten Impfung (i. d. R. ab 8. Lebenswoche), insbesondere wenn ein EU-Heimtierausweis ausgestellt werden soll (z. B. bei Auslandsreise oder Zuchtdokumentation) bzw. die eindeutige Identifikation des Tieres notwendig ist (z. B. bei Abgabe oder Registrierung beim Verein).
- Spätestens bei der Vermittlung des Kittens sollte ein Mikrochip vorhanden sein.
- EU-Heimtierausweis
- Tierärztlich dokumentierter Gesundheitsstatus
- Entwurmung bei Kitten
- Frühentwurmung beginnt i. d. R. ab der 3. Lebenswoche, da sich Jungtiere über die Muttermilch mit Spulwürmern infizieren können.
- Danach etwa alle 2 Wochen bis zur 12. Woche, je nach Risiko und Befund.
- Wichtig: Heutiger Standard ist eine bedarfsorientierte Entwurmung, oft basierend auf Kotprofilen (Parasitologische Untersuchung von Kotproben statt „blindem“ Entwurmen).
- Impfungen bei Kitten; Empfohlen laut StIKo Vet (ständige Impfkommission Veterinärmedizin):
- Erste Impfung (Katzenschnupfen + Katzenseuche): mit 8 Wochen
- Zweite Impfung (Grundimmunisierung): mit 12 Wochen
- Dritte Impfung (je nach Impfstoff/Risiko): mit 16 Wochen empfohlen
- Auffrischung 1 Jahr später, dann alle 1–3 Jahre
5. Transparente Kommunikation und Verträge
Ein/e verantwortungsvolle/r Züchter*in informiert offen und fachkundig über Zucht, Gesundheitsstatus, Aufzucht und Wesen des Tieres. Seriöse Kommunikation bedeutet, vor, während und nach der Abgabe zuverlässig erreichbar und unterstützende/r Ansprechpartner*in zu sein.
Wichtige Aspekte:
- Schriftlicher Kaufvertrag mit Angaben zu Gesundheitszustand, Impfstatus, Mikrochip, Zuchtlinie/Stammbaum sowie Rücknahme- oder Rückgabeklausel. Zuchtverbote bei Liebhabertieren (z. B. Kastrationspflicht) sind rechtlich fixiert, um eine unkontrollierte Vermehrung zu verhindern.
- Transparente Zahlungsmodalitäten (Überweisung und Rechnung), keine Barzahlung „auf die Hand“ oder anonyme Übergabe (wie auf Rast- oder Parkplätzen).
- Beratung und Unterstützung nach dem Kauf zu Themen wie Eingewöhnung und Stressvermeidung, Fütterung, artgerechte Haltung, Beschäftigung etc.
- Ehrliche Kommunikation über mögliche rassetypische Krankheiten oder Verhaltensbesonderheiten – Keine Bagatellisierung von Gesundheitsrisiken oder Entwicklungsthemen
- Besuchsrecht des Adoptanten vor der Kitten-Abgabe, um Aufzuchtumgebung und Muttertier kennenzulernen, Fragen stellen zu kennen etc.
- Kontakt nach der Abgabe: Züchter*innen stehen langfristig für Fragen zur Verfügung und freuen sich über Updates aus dem neuen Zuhause.
6. Zucht nur mit Vereinsmitgliedschaft – kein Zufallswurf
Seriöse Züchter*innen sind Mitglied in einem anerkannten Zuchtverband (z. B. FIFé, WCF, TICA, GCCF), der klare Vorgaben zu Gesundheitsvorsorge, Haltung, Wurfanzahl und Paarungsabständen macht.
Wichtig:
- Kitten ohne Stammbaum aus Vereinszucht stammen meist nicht aus kontrollierter Zucht.
- „Hobbyzucht ohne Papiere“ birgt hohe Risiken: Inzucht, Erbkrankheiten und mangelhafte Aufzuchtbedingungen.
7. Kritisch: Mehrfachwürfe, Massenzucht und Onlineangebote
Vorsicht bei folgenden Warnsignalen:
- Angebot vieler verschiedener Rassen gleichzeitig
- Mehr als zwei bis drei Würfe gleichzeitig (je weniger, desto besser!)
- Kitten sind bei der Abgabe jünger als 12 Wochen
- Keine persönliche Besichtigung möglich
- Auffällig niedrige Preise oder Rabatte
- Abgabe auf Rastplätzen, Parkplätzen oder ohne Übergabevertrag
- Abgabe „sofort möglich“ ohne Vorgespräch oder Vorbesuch
- Kein Kontakt zum Muttertier möglich (mit Aussage wie z. B. „schläft gerade“ oder „ist nicht vor Ort“)
- Kitten wirken apathisch, schmutzig, krank oder sozial auffällig (ängstlich, scheu, unsozial)
- Zuchtstätte wirkt unhygienisch oder überfüllt
- Keine oder unvollständige Gesundheitsunterlagen: Kein Nachweis über tierärztliche Versorgung, Impfungen oder Mikrochip etc. (siehe Punkt 4 Gesundheitsvorsorge und tierärztliche Begleitung)
- Fotos oder Texte wirken kopiert oder identisch mit anderen Anzeigen
- Fehlende oder manipulierte Stammbäume / keine Vereinszugehörigkeit
- Druck zur schnellen Entscheidung („nur noch heute verfügbar“) oder unseriöse Reservierungsforderungen (z. B. hohe Anzahlung per Barzahlung)
Seriöse Züchter*innen:
- nehmen sich Zeit für Beratung
- sind oft frühzeitig ausgebucht
- verlangen angemessene Preise, abhängig von Rasse, Gesundheitsvorsorge und Aufzuchtaufwand