Auf dieser Seite entsteht nach und nach ein kleines Lexikon, welches die wichtigsten Begriffe rund um die Tierpsychologie definiert und etwas näher beschreibt.
Haben Sie viel Spaß bei Ihrer persönlichen kleinen Weiterbildung!
Ein Anamnesebogen ist ein gedrucktes oder digitalisiertes Formular, mit welchem die gesundheitliche Vorgeschichte (Anamnese) eines Patienten systematisch erfasst wird. Entsprechender Dokumentationsbogen wird auch seitens Tierpsychologen gerne eingesetzt, um für die Analyse von Verhaltensauffälligkeiten eines Tieres alle dafür erheblichen Informationen gebündelt zu erhalten.
Anamnesebögen können inhaltlich und formal sehr unterschiedlich aufgebaut sein. Für Tierpsychologen sind vor allem Grunddaten über Tier, Umfeld, evtl. (frühere) Erkrankungen, Medikationen, Ernährung, Beschäftigung u.v.m. relevant. Vor allem wird auch erfasst, wo, wann, zu welcher Zeit in welcher Form welche Verhaltensauffälligkeit gezeigt wird.
Der Anamnesebogen wird seitens der direkten Bezugsperson/en des Tieres (jeder für sich, da die Wahrnehmungen der einzelnen Person sehr unterschiedlich sein können und jeder Hinweis wertvoll sein kann) ausgefüllt. Möglich ist auch das Ausfüllen im Rahmen eines Interviews zwischen Kunden und Tierpsychologen. Diese Variante hat sich als vorteilhaft erwiesen, da in einem gemeinsamen Gespräch evtl. Missverständnisse oder Unklarheiten in den Fragestellungen eines Anamnesebogens direkt geklärt werden können, bzw. der Tierpsychologe Informationen des Kunden bei Notwendigkeit genauer hinterfragen kann.
Je detaillierter, zuverlässiger und objektiver der Kunde die Daten/Informationen weitergibt, desto besser kann der Tierpsychologe die Situation des Tieres (und des Kunden) einschätzen und Hilfestellungen in Form von Therapie- und Trainingsmaßnahmen bieten. Das Beibehalten eines objektiven Blickwinkels bei der Zusammenfassung der Informationen gestaltet sich für den Kunden nicht immer einfach. Verständlicher Weise! Es geht um die geliebte Fellnase und so schwingen immer Emotionen mit, die oftmals in den Anamnesebogen mit einfließen.
Hierbei handelt es sich um eine Form der Verhaltensstörung, bei der das Tier in akuten Phasen bzw. über einen längeren Zeitraum hinweg selbst verletzendes Verhalten zeigt.
Die Art und Weise der Verletzungen können dabei sehr unterschiedlich sein; angefangen vom Herausreißen des eigenen Fells, Wundputzen verschiedenster Körperregionen bis hin zum Aufbeißen der Pfoten oder blutig knabbern der eigenen Krallen u.v.m.
Dieses Verhalten kann unterschiedlichste Ursachen haben. Wichtig ist, auf autoaggressives Verhalten möglichst schnell zu reagieren, den Auslöser zu identifizieren und Therapiemaßnahmen einzuleiten. Je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto Erfolg versprechender ist diese und desto gravierendere Folgeschäden können vermieden werden.
Clickertraining ist eine Methode, Tieren jegliches Verhalten anzutrainieren und mit ihnen zu kommunizieren. Es erfolgt auf dem Prinzip der positiven Verstärkung erwünschter Verhaltensweisen in Verbindung mit einem Belohnungssystem. Auf jede körperliche Einwirkung oder Korrektur wird im Training verzichtet.
Das Clickertraining beinhaltet ein "Markertraining". Dabei wird ein Klick“-Signal (bspw. mithilfe eines „Klick“-verursachenden kleinen Handgerätes, dem sog. „Clicker“ oder durch Zunge schnalzen) ausgeführt. Das Geräusch signalisiert dem Tier, dass es ein erwünschtes Verhalten gezeigt hat. Das Tier wird für dieses Verhalten mit einer hochwertigen Belohnung (meist ein für das Tier sehr schmackhaftes Futter) belohnt. So wird das Tier auf das entsprechende Klick-Geräusch hin konditioniert.
Das Clickertraining sollte -angepasst an die Individualität des jeweiligen Tieres- sehr kleinschrittig aufgebaut werden.
1. Schritt:
Das Tier muss den Clicker als Gegenstand und Geräusch kennenlernen und mit dem „Klick“ eine Belohnung verbinden.
Dieser Schritt wird dem Tier nähergebracht, indem der Ablauf "Click – Futter - Click - Futter, usw." Anwendung findet.
2. Schritt:
Nun muss dem Tier vertiefend das Belohnungsprinzip nähergebracht werden. So muss es verstehen, dass der "Klick" nur dann erfolgt und eine Belohnung ankündigt, nachdem das Tier erwünschtes Verhalten gezeigt hat. So besteht das Prinzip des Trainings darin, dass ein Tier lernt, ein Verhalten, welches lohnend ist zu zeigen, tatsächlich auch öfter zu zeigen. Es lernt also am Erfolg.
Entsprechend ist der Ablauf „erwünschtes Verhalten - Click – Belohnung“.
Aufgrund der präzisen Verhaltensbestätigung ist das Clickertraining -bei Einhaltung bestimmter Regeln- sehr effektiv und vielfältig einsetzbar; angefangen von der Grunderziehung oder als hoch effektive Ausbildungsmethode, bis hin zum Trainieren von Hundesportarten oder Einüben von Kunststücken und Tricks.
Auch ist es ein wichtiger Baustein in der tierpsychologischen Arbeit; sei es im Rahmen von Spiel und Beschäftigung, in Verbindung mit Präventionsmaßnahmen von Verhaltensauffälligkeiten oder zur Therapie von Problemverhalten.
Es kann mit allen Tieren, die dazu körperlich und geistig in der Lage sind, geklickert werden. Das Training ist bereits erfolgreich bei Tieren jeglicher Größe und Spezies, egal ob wild oder domestiziert, jung oder alt angewandt worden. Beispiele sind: Hunde, Katzen, Seehunde, Delfine, Vögel, Ratten, Kaninchen u.v.m.
Deprivationsschäden sind die Folgen mangelnder Umwelt- und Sozialreize. Sie können bei unseren Katzen und Hunden entstehen, wenn sie reizarm oder lieblos aufwachsen oder gar nicht bzw. mangelhaft sozialisiert wurden und nicht gelernt haben, sich mit ihrer Umwelt auseinander zu setzen. So tritt eine Deprivation oft bei Fellnasen auf, die bereits in jungen Jahren lange Aufenthalte in Tierheimen erlebt haben bzw. als Zwingertiere gehalten wurden.
Um Entstehung und Auswirkungen von Deprivationsschäden verstehen zu können, ist es wichtig zu wissen, dass sich das Gehirn unserer Fellnasen zu einem Großteil erst nach der Geburt entwickelt. Dann heißt es auch, die Entfaltung der einzelnen Sinne durch zahlreiche verschiedene Reize zu fördern. Dabei kommt der ungemein wichtigen „Sozialisierungsphase“ (ab der 3. Woche bis zu den ersten Lebensmonaten) unserer Fellnasen eine entscheidende Bedeutung zu. Egal ob positive oder negative Erfahrungen – jede einzelne gräbt sich in das Gedächtnis unserer Vierbeiner ein.
Wächst ein Tier reizarm auf, mangelt es an intellektuellen Herausforderungen und Erfahrungen, oder findet Sozialisierung mangelhaft oder gar nicht statt, können sich die Nervenzellen des Individuums nicht ausreichend miteinander vernetzen. Resultat:
Die Gehirnstruktur weist Defizite auf, sodass unsere Fellnase später nicht in der Lage ist, sich in einer komplexen Umgebung zurecht zu finden und flexibel auf veränderte Bedingungen zu reagieren. Deprivationsschäden beinhalten folglich gravierende Entwicklungs- und Anpassungsstörungen. Durch eine fortschreitende Entwicklung lebt das betroffene Tier unter ständiger Anspannung. Dies führt nicht selten zu Depressionen, Traumata, chronischen Angstzuständen oder aggressivem Verhalten. Im schlimmsten Fall verliert das Tier nach und nach seine Selbstkontrolle.
Deprivationsschäden können sich z.B. darin äußern, dass unsere Fellchen sich (stark) von allem und jedem distanzieren, das Haus nicht verlassen möchte, unsauber werden oder sich ungewohnten Situationen entziehen bzw. auf neue Situationen übersensibel reagiert. In ihrer gewohnten Umgebung und einer für sie sicheren Situation verhalten sie sich meist völlig normal. Dies darf dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass betroffene Vierbeiner unter ständig hoher psychischer Belastung leben.
Eine Stabilisierung der von Deprivationsschäden betroffen Fellchen ist grundlegend möglich. Neben einem Leben in ruhigen Bahnen und die Vermeidung von Veränderungen empfiehlt sich die therapeutische Beratung und Betreuung einer Tierpsychologin, die mit einem auf betroffenes Tier individuell zugeschnittenen Therapieplan unterstützen kann.
Grundsätzlich aber liegt es in unserer Verantwortung, Deprivationsschäden unserer Fellnasen durch eine gute Sozialisierung, mit vielfältigen Beschäftigungs- und Spielangeboten im Solitär- und Sozialspiel, mit gemeinsamer Qualitätszeit inklusiv Liebkosungen sowie mit Entspannung und Co. zu vermeiden.
Der Begriff „Enrichment“ bedeutet übersetzt „Bereicherung“ und setzt sich mit der Frage auseinander, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um den Lebensraum und damit die Lebensqualität von Tieren artgerecht(er) und hochwertig(er) zu gestalten.
Geboren wurde der Gedanke aus der Arbeit mit Zootieren heraus. Die Zielsetzung bestand und besteht darin, Gehegehaltung, die körperliche und geistige Einschränkungen und Entbehrungen der Tiere beinhaltet, durch möglichst artgerechte Gestaltung, vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten etc. anzureichern.
Da die Menschen zunehmend mit dem Bewusstsein leben, Tieren eine eigene Individualität sowie Gefühle und Bedürfnisse zuzugestehen, etabliert sich der Enrichment-Gedanke und dessen Umsetzung auch immer mehr im Zusammenleben mit unseren Haustieren.
Daraus folgend nimmt das Wort „Enrichment“ ebenfalls in der tierpsychologischen Verhaltensberatung und -betreuung einen immer höheren Stellenwert ein. Sowohl in der präventiven Arbeit von Verhaltensauffälligkeiten und -problemen als auch in der Therapie von bspw. Angst- und Aggressionsverhalten tritt „Enrichment“ zunehmend in den Fokus und stellt einen wichtigen Baustein dar.
Das Wort „Enrichment“ gliedert sich in drei verschiedene Bereiche, wobei jede Sparte ihr Augenmerk auf einen anderen Schwerpunkt setzt:
1. "Behavioural Enrichment":
bezieht sich auf alle Maßnahmen, die die Sinne von Tieren fokussieren. Ziel ist die geistige Auslastung der Tiere durch das Anbieten von (neuen) Reizen. Beispiele sind Clickertraining, Konzentrationsübungen u.v.m.
2. "Environmental Enrichment":
legt das Augenmerk auf alle Maßnahmen, die zur Optimierung der Strukturierung des tierischen Lebensraums beitragen und damit eine Bereicherung des Tieres darstellen. Genannt werden können Maßnahmen wie bspw. die Suche nach geeigneten Standorten für Futterstellen, Toiletten, Ruheplätze bzw. die Optimierung dieser. In diese Kategorie fallen außerdem die Einrichtung von sog. "Stimmungszonen" oder die optimale Ausnutzung von beengtem Wohnraum.
3. "Social Enrichment":
beinhalten alle die Sozialkontakte eines Tieres betreffenden Maßnahmen, sei es zu Artgenossen, Bezugsperson/en oder zu weiteren mit ihm lebenden Menschen. Beispiele sind gemeinsame Aktivitäten wie Kuschel- oder Spielstunden, Gassi-Gänge u.v.m.
Wie die meisten Säugetiere nehmen unsere Fellnasen Gerüche hauptsächlich über die Nase wahr. Doch darüber hinaus besitzen sie zur Geruchswahrnehmung ein weiteres Sinnesorgan: das sog. „Jacobson-Organ“ (auch "Vomeronasale Organ“ genannt).
Die Geruchsaufnahme mit dem jacobsonschen Organ (sog. Flehmen) können wir am (leicht) geöffneten Maul, der etwas hochgezogenen Oberlippe und der gehobenen Kopfhaltung erkennen. Meist geht Flehmen mit einem leichten Schmatzen einher. Den dabei gezeigten speziellen Gesichtsausdruck, der einige Sekunden etwas „entrückt“ bzw. abwesend ist, beschreiben viele Menschen etwas belustigt mit den Worten: „etwas dümmlich aus der Wäsche schauen“. Vergleichbar ist die Mimik mit uns Menschen in den Momenten, in denen wir Ekel zeigen.
Im Gegensatz zur Nasenatmung atmen unsere Fellnasen beim Flehmen stoßartig und tief durch das Maul ein. Die dabei besondere Lippenstellung legt den Eingang zum Jacobson-Organ, welches hinter den Schneidezähnen liegt, frei. Durch die gehobene Kopfhaltung erlaubt der Kehlkopf das Einatmen größerer Luftmengen, die am Gaumen entlang durch das Jacobson-Organ geleitet werden. Somit können unsere Vierbeiner mithilfe des Flehmens Duftstoffe (insbesondere Pheromone) sowohl riechen als auch schmecken und noch detaillierter und intensiver aufnehmen und analysieren.
Wir können das Flehmen unserer Fellchen oftmals unmittelbar nach ausführlichem Beriechen von interessanten bzw. aufregenden oder ungewöhnlichen Gegenständen, Pflanzen und anderen Individuen sowie auch in unbekannten Situationen mit für unsere Fellnasen fremden Gerüchen beobachten.
Evolutionsbedingt spielt die Wahrnehmung von Gerüchen vor allem für das Überleben und die Fortpflanzung eine wichtige Rolle. So dient Flehmen vor allem der Aufnahme von unbekannten Gerüchen, die auf eine eventuelle Gefahr -wie z.B. Feinde- hinweisen können. Ebenfalls dienen im Rahmen der olfaktorischen Wahrnehmung bspw. Urinspuren (die Pheromone enthalten) der Erkennung von Artgenossen sowie des Sammelns persönlicher Informationen wie Geschlecht und Hormonstatus. So können wir flehmen oft in Zusammenhang mit der Fortpflanzung beobachten. Uns Menschen fällt das Verhalten bei unseren Fellchen außerdem dann auf, kurz nachdem das Hinterteil eines Artgenossen bzw. artfremden Tieres beschnuppert wurde bzw. dann, wenn vor allem Hunde versuchen, den Schritt eines Menschen zu beschnuppern. Flehmen zählt also zu der olfaktorischen Kommunikation (Kommunikation mithilfe von Gerüchen).
Grundsätzlich können alle Säugetiere flehmen, da sie anatomisch mit dem Jacobson-Organ ausgestattet sind.
Dazu interessehalber vielleicht eine kleine Ergänzung: Bei uns Menschen entsteht das Jacobson-Organ im fetalen Stadium, bildet sich allerdings noch vor unserer Geburt zurück, sodass wir lediglich rudimentäre Anlagen von diesem besitzen.
Der Jagdinstinkt unserer Katzen und Hunde wurde ihnen über Vererbung durch ihre Urahnen Falbkatze (bei unseren Samtpfoten) bzw. Wolf (bei unseren Hunden) und damit als feste Verankerung in der Genetik in die Wiege gelegt. Er ist, wie jeder andere Instinkt (z.B. Territorialinstinkt, Sexualinstinkt etc.) auch, ein unbewusst gelenktes Verhalten.
Der Jagdinstinkt ist von Tier zu Tier unterschiedlich stark ausgeprägt. Doch selbst, wenn eine Katze oder ein Hund kein oder kaum Jagdverhalten zeigt (bspw., weil sie einer Rasse angehört, die nicht für die Jagd gezüchtet wurde), steckt doch ein Raubtier in ihr/ihm und der Instinkt zu jagen ist im Grundsatz vorhanden.
In der Epoche, in der noch keine Hauskatzen und -hunde, sondern ausschließlich deren Wildform Falbkatze bzw. Wolf existierte, war das Jagen als Urinstinkt vor allem deshalb lebensnotwendig und damit arterhaltend, um Beute erlegen und mit ihr den Hunger stillen zu können.
Unsere heutigen domestizierten Fellnasen, vor allem diejenigen, die ein festes Zuhause und einen verlässlichen Dosenöffner haben, sind nicht mehr von der Futtersuche in der Natur abhängig. Entsprechend ist das Jagen zur Befriedigung ihres Existenzbedürfnisses, zu welchem eben auch die Nahrungsaufnahme gehört, nicht mehr zwingend erforderlich.
So stellt sich die Frage, warum zahlreiche unserer Katzen und Hunde dennoch jagdlich motiviert sind? Dies nicht nur im gemeinsamen Spiel, sondern bspw. auch unsere Samtpfoten im Freigang, die der Anblick von Maus, Vogel & Co. in den Jagdmodus versetzt oder unsere Hunde, die während eines Gassigangs in ihrem Jagdfieber einen Hasen aufspüren und hinter diesem herjagen.
Die Antwort liegt im Zweck, welcher das Jagen von Beute über die Sättigung hinaus außerdem erfüllt: Jagen und mit diesem alle zugehörigen Elemente wie Orientieren, Fixieren, Beschleichen, Hetzen, Packen, Töten, Zerlegen und Fressen baut aufgestaute Energie ab. Dies wird bspw. bei Samtpfoten deutlich, die ihre Beute vor dem Fressen bespielen (wenn sie überhaupt gefressen wird). Weiterhin ist für die Gewährleistung eines ausgeglichenen Gemütszustandes unserer Fellnasen u.a. obligat, Jagdverhalten ausleben zu können. Allein das Hetzen einer Beute setzt Endorphine im Körper unserer Katzen und Hunde frei, die sie in einen Glückszustand bringen.
Während sich unsere Freigängerkatzen sowie unsere Hunde im gesicherten Garten bzw. beim Gassigang ihre jagdlichen Bedürfnisse nach Bedarf erfüllen können, ist dies Katzen in reiner Wohnungshaltung vorenthalten. So sind diese erst recht auf ihre/n Mensch/en angewiesen, ein nach individuellen Bedürfnissen angepasstes Spiel- und Beschäftigungsangebot angeboten zu bekommen. Doch auch ein Leben in Freigang und mit Auslauf darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass parallel ein Beschäftigungs- inkl. Spielangebot notwendig ist, um das natürliche Jagdbedürfnis vollumfänglich ausleben zu können.
Ein instinktgetriebenes Jagdbedürfnis nicht befriedigen zu können, kann zu Aggressionsverhalten der entsprechenden Fellnase gegenüber Menschen und/oder Artgenossen bzw. artfremden Tieren führen. Dabei sind häufig nicht artgerechte bzw. nicht auf die subjektiven Bedürfnisse des entsprechenden Vierbeiners abgestimmte Haltungsbedingungen (diesen voran Zeitmangel, eine Unter- bzw. Überforderung in Beschäftigung und Spiel, ein falsches Handling mit Spielzeug etc.) Ursachen für gezeigtes Aggressionsverhalten.
Kratzmarkieren und dem damit zusammenhängenden Kratzen bzw. Krallenwetzen an Gegenständen -dies sowohl Inhaus als auch außerhalb der eigenen vier Wände- dient einerseits der Krallenpflege. Andererseits unterstützt es das Wohlbefinden unserer Samtpfoten, da durch das Kratzen Spannungen abgebaut werden.
Weiterhin ist es Teil des arteigenen Kommunikationsverhaltens. Unsere Samtpfoten besitzen u.a. zwischen ihren Zehen Drüsen. Durch diese wird eine individuelle Duftnote an der Stelle abgegeben, die bekratzt wird. Aufgrund dessen werden Kratzmarkierungen auch als „olfaktorische Markierungen“ (olfaktorisch bedeutet "den Geruchssinn betreffend") bezeichnet.
Als Bestandteil des Sozial- und Territorialverhaltens steckt jede Katze mit ihren Kratzmarkierungen ihr Territorium ab. So lassen sich entsprechende Kennzeichen vor allem in der Kernzone von Revieren sowie in der Nähe von Streifgebieten (Gebiete, die unverteidigt seitens aller Artgenossen genutzt werden, wie häufig benutzte Wege, Kreuzungen und sich darin befindliche Gebäude und Objekte) finden. Weiterhin hinterlassen Kratzmarkierungen diverse Informationen, die wiederum seitens der Artgenossen „gelesen“ und „ausgewertet“ werden können. So markieren unsere Samtpfoten durch Kratzen vor allem dann auch sehr häufig, sobald sich Artgenossen oder Bezugspersonen in der Nähe befinden.
In der Regel werden Stellen bekratzt, die für eine Katzen eine besondere Bedeutung haben bzw. an welcher sich ein für die Samtpfote bedeutungsvolles Objekt (z.B. Futterstelle, Katzenklo, Ruheplatz etc.) befindet. Je mehr ein und dieselbe Stelle bekratzt wird, desto bedeutungsvoller wird sie. Dies allerdings nicht nur durch den Geruch, sondern vor allem auch durch visuelle Zeichensetzungen, die bspw. durch die Abnutzung von Sisal-Seilen an Kratzbäumen, das Abwetzen von Baumstämmen, Zäunen & Co. nach und nach zu sehen sind. Schließlich löst das Kratzen einer Samtpfoten auch akustische Signale aus. Entsprechend leisten auch diese -zumindest für sich unweit befindliche Artgenossen- einen wichtigen kommunikativen Beitrag.
Die Vorlieben der bekratzen Gegenstände sind von Tier zu Tier sehr unterschiedlich. Gerne werden auf dem Boden liegende Gegenstände (wie Teppiche, Kratzpappen etc.) oder geneigte Objekte (wie angelehnte Balken etc.) mit den Krallen der Vorderpfoten bearbeitet. Vor allem bevorzugt werden jedoch senkrecht stehende Objekte wie Kratzbäume, Bäume, Zäune, Wände, Türen usw. Ebenfalls nach Vorliebe gibt es Samtpfoten, die glatte und feste Oberflächen zum Kratzmarkieren nutzen. Doch meistens werden griffigere und weichere Flächen präferiert, die einerseits die Düfte der Katze besser aufnehmen, sowie andererseits auch für die Hinterlassung optischer Zeichen geeignet sind.
Sollte Ihre Katze (a) schon immer exzessives und zwanghaftes Kratzmarkieren gezeigt haben oder aber sich (b) ein solches Verhalten in immer kürzeren Zeitintervallen zeigen und/oder in seiner Intensität stetig zunehmen, ist dringendster Handlungsbedarf angeraten! Denn exzessivem und zwanghaftem Kratzmarkieren liegt sehr oft eine Verhaltensstörung wie Angststörung bzw. Stereotypie (psychomotorisch auffälliges Verhalten, welches oft zwanghaft ist und sich in wiederholenden und ständig gleichbleibenden Handlungen ohne Ziel äußert) zugrunde, welche durch Krankheiten ausgelöst werden bzw. organische Ursachen haben kann.
Ihre Ansprechpartner sollte dann in erster Linie ein Tierarzt (zur Abklärung evtl. körperlicher Ursachen) bzw. Tierpsychologe (Therapie) sein.
Kennen Sie diese Situation? Sie sind irgendwann nachts einmal von Ihrer/m Katze/Hund mit dem schönsten Miauen bzw. Bellen aus dem Schlaf gerissen worden und haben darauf mit Streicheleinheiten oder gar Aufstehen und einer nächtlichen Fütterung reagiert?
Was einmal gut geklappt hat, wird erneut funktionieren! So zumindest die Ansicht Ihres Vierbeiners. Und meist hat dieser damit gar nicht so unrecht. Denn auch in den darauf folgenden Nächte reagieren Sie auf Ihren tierischen Weckdienst, sodass sich in kürzester Zeit ein wunderschönes nächtliches Ritual etabliert hat. Wunderschön zumindest für die tierische Seite.
Aber damit muss Schluss sein! So gelingt es Ihnen irgendwann tatsächlich, nicht mehr auf die nächtlichen Störungen zu reagieren. Doch weit gefehlt. Denn anstatt Sie nun nachts schlafen zu lassen, nimmt das ruhestörende Verhalten Ihres Vierbeiners permanent zu. Das Vokalisieren wird immer eindringlicher und dauert zusehends länger. Nun haben Sie auch Ihr Bett, in dem Sie mit ausgiebigem Treteln und Wühlen bedacht werden, nicht mehr für sich allein. Die Kreativitäten-Liste unserer Katzen und Hunde ist endlos!
Genau dieses Verhalten wird als sog. „Löschungstrotz“ bezeichnet. Denn anstatt dessen, dass unser Vierbeiner auf unsere Nichtreaktion auf ein unerwünschtes Verhalten (welches wir ja in der Vergangenheit durch unsere Beachtung verstärkt haben) seine Motivation einstellt, wird dieser noch eine ganze Weile versuchen, mithilfe zahlreicher kreativer Versuche unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Beim „Löschungstrotz“ handelt es sich also um ein vorübergehend vermehrt auftretendes Verhalten, welches unsere Vierbeiner zeigen, wenn eine Verstärkung/Belohnung in Form von Aufmerksamkeit, Futter etc. nicht mehr erfolgt.
So lässt sich oft ERSTMALIG gezeigtes unerwünschtes Verhalten vermeiden, indem wir es erst gar nicht (bewusst oder unbewusst!) verstärken/belohnen. In unserem Beispiel der nächtlichen Unruhen erreichen wir dies tatsächlich am besten mithilfe von Ignoranz. Ich bitte Sie aber genau zu unterscheiden (gesamtes Ausdrucksverhalten, Art und Weise von Körperhaltung, Vokalisation …), ob Ihre Fellnase nachts einfach nur „bespaßt“ werden möchte oder diese in Verbindung mit Unwohlsein, Krankheiten & Co. Weckversuche startet. In letztem Fall bedarf es selbstverständlich unserer Aufmerksamkeit und Hilfe.
Bereits LÄNGER GEZEIGTES unerwünschtes Verhalten (Bitte Obacht! Ich differenziere zwischen „unerwünschtem Verhalten“ sowie „Problemverhalten“ und „Verhaltensstörungen“. Die Unterschiede habe ich auf meiner Homepage unter https://animals-in-harmony.de/lei.../die-verhaltenstherapie/ beschrieben) heißt es ebenfalls zu ignorieren. Doch zeigt das Beispiel der nächtlichen Unruhen, dass wir uns meist erst durch den Prozess des Löschungstrotzes plagen müssen. In der Regel aber werden wir früher oder später für unser konsequentes Durchhaltevermögen belohnt.
Unerwünschtes Verhalten liegt dann vor, wenn sich unsere Katzen und Hunde anders verhalten, als wir es von ihnen erwarten.
Dabei vergessen wir gerne, dass die entsprechende Verhaltensweise selbst oft Bestandteil des normalen art- bzw. rassetypischen Verhaltens ist.
Typisches Beispiel ist das Jagdverhalten, welches je nach Rasse mehr oder weniger stark ausgeprägt ist.
Hierbei handelt es sich um eine psychische Erkrankung aus der Gruppe der Essstörungen, bei der die betroffenen Tiere Dinge zu sich nehmen, die nicht dem Verzehr dienen und unverdaulich bzw. ungenießbar sind (bspw. Steine, Plastik, Textilien u.v.m.).
Pica ist eine noch weitgehend unerforschte Erkrankung. So sind auch die Ursachen dieses Verhaltens noch nicht eindeutig geklärt.
Da bei Katzen hauptsächlich orientalische Rassen wie Siam- und Burmakatzen von dieser Erkrankung betroffen sind, geht man von einer Vererbung dieser Zwangsstörung aus. Auch kommen Stress, Langeweile, Krankheiten oder Mangelerscheinungen in Betracht.
Hierbei handelt es sich um Verhaltensauffälligkeiten, die über unsere individuelle Betrachtungsweise und ein damit einhergehendes Störempfinden hinausgehen und als lang anhaltende Belastung erlebt werden.
So fügt das betroffene Tier nicht selten sich selbst, Artgenossen, artfremden Tieren und/oder anderen Personen Schaden zu. Problemverhalten ist oft mit Emotionen (wie Angst) verknüpft und mit Leid des entsprechenden Vierbeiners verbunden.
Die Entwicklungsursachen von Problemverhalten können vielfältig sein. Sie reichen von genetischen Faktoren über physische Auslöser (wie Krankheiten, Schmerzen) bis hin zu traumatischen Erfahrungen oder Fehlkonditionierungen durch den Menschen
Typische Beispiele sind Geräuschängste (z.B. hervorgerufen durch Silvesterknallerei, Türklingel …), Trennungsängste, Unsauberkeit u.v.m.
Psychische Krankheiten entsteht dann, wenn erlernte Muster nicht angemessen oder problematisch sind. Somit beinhalten Verhaltensstörungen abnormes Verhalten, welches grundsätzlich als krankhaft klassifiziert werden kann und beim Patienten selber und/oder seiner Umgebung Leidensdruck verursacht.
Im Gegensatz zu unerwünschtem Verhalten oder Problemverhalten gibt es bei Verhaltensstörungen keinen logischen Auslöser für die gezeigte Reaktion.
Als typisches Beispiel lässt sich autoaggressives Verhalten (wie übermäßiges Putzen oder Schwanzjagen) benennen.