Anwendung des „Nackengriffs“ durch Menschen

 

Nackengriff durch Mensch

… Zum besseren Verständnis ist zunächst die Frage nach dem Ursprung des Nackengriffs interessant. Wir Menschen haben uns seine Anwendung von Katzenmüttern abgeschaut. Die Elterntiere transportieren ihre Babys instinktiv mithilfe eines schmerzlosen Nackenbisses von einem Ort zum nächsten, vor allem dann, wenn sich dieser z.B. aufgrund von Nässe als suboptimal erweist oder ein Kitten dort einer Gefahr ausgesetzt ist.

Der Biss löst bei einem Jungtier eine reflexartige „Tragestarre“ aus, in welche es verfällt und mithilfe derer es der Mutter möglich, das Junge ungehindert zu „transportieren“, ohne, dass es wehrhaft bzw. aufgrund zu vieler Bewegungen verletzt wird. Der Reflex geht bei heranwachsenden/ausgewachsenen Katzen in der Regel verloren. Er kann also nicht mehr ausgelöst werden. Hierin liegt u.a. das Problem!

Wenden wir Menschen den Nackengriff bei unseren Katzen an, ist das Handling in Art und Weise einfach nicht mit denen der Katzeneltern zu vergleichen. Darüber hinaus greift, wie eben bereits erwähnt, bei heranwachsenden/ausgewachsenen Katzen die Tragestarre nicht mehr. Resultat: Die Verletzungsgefahr ist sehr groß. Vor allem dann, sobald sich das betroffene Tier während des Hochhebens (ruckartig) bewegt. Und auch das mit einem Kitten nicht vergleichbare Körpergewicht birgt zusätzlich die Gefahr von Verletzungen während der Anwendung eines Nackengriffs. Eine ausgewachsene Hauskatze wiegt in der Regel durchschnittlich zwischen drei und fünfeinhalb Kilogramm. Andere Rassekatzen wie bspw. die Maine Coon oder die Norwegische Waldkatze sind gewöhnlich noch schwerer. Die Folgen sind nicht selten Muskelfaser- bzw. Bindegewebsrisse. Auch Wirbelverrenkungen und Rückenmarksschäden sind möglich, aus denen wiederum dauerhafte Lähmungen resultieren können.

Auch können durch den Nackengriff psychische Traumata unterschiedlicher Schwere ausgelöst werden. Warum? Wir dürfen nicht vergessen, von wem unsere Katzen abstammen und wie sie in der freien Natur leben würden. Als von der Falbkatze abstammend sind sie nicht nur Jäger, sondern werden wiederum als Beutetiere selbst gejagt. Wie verläuft eine Jagd? Nun nicht den kompletten Jagdprozess beschreibend, sei an dieser Stelle wenigstens erwähnt, dass tierische Jäger entweder mit ihrem Maul Nase und Maul der Beute umschließen und diese damit ersticken. Oder aber die Fangzähne des Jägers fixieren Kehle ODER NACKEN der Beute, bevor zum Tötungsbiss angesetzt wird. Die Anwendung eines Nackengriffs durch uns Menschen ist vom Prinzip her nichts anderes, sodass dieser seitens unserer Katzen mindestens als Drohung, wenn nicht sogar als tödlicher Angriff verstanden werden kann.

Des Weiteren möchte ich auch ganz eindringlich vom Nackengriff als Erziehungsmethode (oft auch bei unseren Hunden durch Zwicken oder Felldrehen in der Nackenregion zu sehen) abraten. Wie bereits bekannt, spreche ich mich gegen jegliche aversive Methoden im Zusammenleben mit unseren Tieren aus. Ein Nackengriff verursacht neben tierischem Erschrecken, da die menschliche Hand meist von hinten kommt, in der Regel Schmerzen. Er ist ein Stressauslöser. Er ist eindeutig in die Kategorie „Bestrafung“ einzuordnen. Vor allem ein Vertrauensbruch zur Bezugsperson sowie die Entstehung von Angst- und/oder Aggressionsverhalten können die Folge sein.

Aufgrund all der genannten Gründe rate ich dringend, von einem Nackengriff abzusehen. Sei es in Verbindung mit dem Hochheben unserer Fellnasen als auch als Bestrafungsmethode. Überlassen wir die Anwendung des Nackengriffs doch lieber den Muttertieren.