„Es war der Weihnachtsmann“

 

 

… Zumindest war Herrn Schneider und dessen Frau das wiederkehrende Fauchen im Vorfeld nicht aufgefallen. Ebenfalls wurde er bereits drei Mal von Felix gebissen – zwei Mal in die Wade und ein Mal bei Streichelversuchen in die Hand.

Kleine Ergänzung: Ich werde hellhörig, wenn meine Kunden von PLÖTZLICH auftretenden Verhaltensveränderungen/-problemen bei ihren Fellnasen berichten. Denn IN DER REGEL treten diese nicht von heute auf morgen auf, sondern entwickeln sich. Wir nehmen sie aus unterschiedlichen Gründen oft nur nicht direkt wahr. Zeigen sich Verhaltensauffälligkeiten doch schlagartig, können Krankheiten und damit verbundene Schmerzen die Ursache sein.

Dies war auch Herrn Schneider bekannt, sodass er Felix bereits direkt nach Auftreten des veränderten Verhaltens seitens eines Tierarztes durchchecken ließ. Doch Blutuntersuchung & Co. zeigten keine Auffälligkeiten, die Felix´ Aggressionsverhalten erklärt hätte.

Unser Telefonat dauerte nur 10 Minuten, da Herr Schneider mich kurzfristig um einen Hausbesuch bat. Denn unabhängig von Felix Aggressionsverhalten benötigten Herr und Frau Schneider Unterstützung in der Katzeneinrichtung, die aus seiner Sicht höchst suboptimal war.

Also lernte ich drei Tage später Herrn Schneider sowie dessen Frau kennen. Von dem vier Monate alten Familienzuwachs hatte Herr Schneider mir am Telefon nichts erzählt. In mir keimte direkt der Gedanke auf, dass Felix´ verändertes Verhalten etwas mit dem Baby zu tun haben könnte. Dies ließ sich auch zeitlich einigermaßen einordnen. Ebenfalls vor dem Hintergrund, dass entsprechend einschneidende Lebensveränderungen für unsere Fellnasen oft recht stressig sind, vor allem dann, wenn sie nicht darauf vorbereitet werden, lag mein Verdacht recht nahe. Ich behielt mir dies also im Hinterkopf, während ich mit Herrn und Frau Schneider durch die etwa 100 m² große Wohnung ging, um ihnen Tipps zur besseren Strukturierung und Nutzung der Katzenumgebung zu geben.

Schließlich kamen wir zum Ursprungsthema: Felix´ Aggressionsverhalten. Ich lernte den Kater und dessen WurfSchwester (nennen wir sie Mietzi) als Dreamteam par excellence kennen.

Um es nicht zu lang werden zu lassen: Der Hausbesuch ergab erst einmal nichts Auffälliges, was Felix Aggressionsverhalten hätte erklären können. Dies einmal von dem Baby abgesehen, sodass sich mein Verdacht verhärtete, dass Felix Fauchen und Beißen (Mietzi zeigte lt. der Familie kein verändertes Verhalten) etwas mit ihm zu tun haben könnte. So gab ich den Schneiders einige Handlungsempfehlungen mit auf den Weg, die sich vor allem auf einen möglichst geregelten Tagesablauf, die Einführung kleiner Rituale sowie die Beschäftigung und
Entspannung bezogen. Vor dem Hintergrund des Aggressionsverhaltens in einem Kleinkind-Haushalt war mir vor allem auch sehr wichtig, mit der Familie einige Sicherheitsmaßnahmen zu besprechen, um vor allem das Baby vor evtl. Angriffen zu schützen.

Außerdem bat ich Herrn und Frau Schneider, Felix Aggressionsverhalten einmal mit dem Handy zu filmen und mir die Videos zur Auswertung zukommen zu lassen. Was ich nicht wusste: Herr Schneider hatte sogar eine Kamera, mit der er stundenlang filmen konnte. Ideal, um Kater Felix über längere Zeiträume zu beobachten.

Gesagt, getan! Etwa eine Woche später erhielt ich vier Videos mit einer Aufnahmedauer von zwischen 1 und 3 Stunden. Sie wurden an drei verschiedenen Tagen aufgenommen. Die Aufnahmezeitpunkte waren unterschiedlich: Ein Video wurde morgens aufgenommen, eines mittags und zwei abends. Schade! Ein regelmäßiger Zeitpunkt, zu dem Felix Aggressionsverhalten zeigte, wäre schon einmal ein guter und wichtiger Hinweis gewesen.

Alle vier Videos hatten allerdings eines gemeinsam: In ihnen gab es mindestens eine Sequenz, in der Kater Felix mit großen Pupillen, zurückgelegten Ohren und „Piloerrektion“ (gesträubtem Fell entlang der Wirbelsäule) fauchend im Wohnzimmer stand. Ein Video zeigte außerdem, wie Felix Herrn Schneider bei einem Streichelversuch in die Hand biss. Moment einmal! Ich spielte dieses Video hin und zurück und konnte es kaum glauben. Sicherheitshalber spulte ich alle anderen Videos auch noch einmal an die Stellen der Fauch-/Beißattacken bzw. begann mit der Analyse wenige Minuten, bevor Felix aggressives Verhalten zeigte. Tatsächlich! Felix Verhalten veränderte sich jeweils schlagartig, sobald ein Handy klingelte!

Direkt rief ich Herrn Schneider an. Dieser stutzte und teilte mir nach kurzem Überlegen mit, dass er zu Weihnachten ein neues Handy geschenkt bekommen habe. Auf meine Nachfrage hin sagte er auch, dass er mit dem neuen Gerät einen neuen Klingelton für eingehende Anrufe gespeichert hätte. Dieser sei nicht identisch mit dem Klingelton des alten Handys. Außerdem arbeitete er aufgrund der Corona-Pandemie seit Anfang 2021 im Homeoffice. Dies, indem er sich im Wohnzimmer eine kleine Büroecke eingerichtet habe. So lägen Privat- und Firmenhandy ständig im Wohnzimmer. Ich bat Herrn Schneider, direkt im Anschluss an das Telefonat die alten Handy-Klingeltöne in das neue Gerät zu speichern.

Ca. zwei Wochen später telefonierten wir nochmals miteinander. Felix Aggressionsverhalten hatte sich seit dem neuen/alten Klingelton nicht mehr gezeigt. Und auch in einem gemeinsamen Telefonat im August dieses Jahres konnte Herr Schneider nur Positives berichten.

Ich freue mich, dass ich Familie Schneider bei ihrem Anliegen unterstützen durfte.