Der romantisierte Blick auf Katzen als mystische, mondverbundene Wesen hat sich tief in der Kultur verankert. Um den Wahrheitsgehalt dieser Vorstellung zu verstehen, ist es notwendig, einen wissenschaftlichen Blick auf die natürlichen, biologischen und verhaltenspsychologischen Faktoren zu werfen, die das Verhalten von Katzen im Zusammenhang mit den Mondphasen beeinflussen könnten.
Katzen: Nachtaktive Jäger und ihre biologischen Rhythmen
Katzen sind von Natur aus dämmerungs- und nachtaktive Tiere. In der Wildnis orientieren sich ihre Jagdgewohnheiten oft an den besten Lichtverhältnissen. Die Präferenz für die Dämmerung erklärt sich aus ihrer evolutionären Anpassung: In dieser Zeit sind ihre Beutetiere (Nagetiere und andere kleine Säugetiere) ebenfalls aktiv, aber noch nicht vollständig in der Dunkelheit verborgen.
Das Verhalten von Hauskatzen hat sich in dieser Hinsicht nicht wesentlich verändert. Sie neigen dazu, ihre Aktivitätsphasen in die Abend- und Nachtstunden zu legen. Diese biologische Prädisposition (= Anlage, Neigung oder Vorveranlagung – meist im biologischen, medizinischen oder psychologischen Kontext) könnte zumindest teilweise erklären, warum Katzen gerade in mondhellen Nächten oder bei Vollmond als besonders aktiv wahrgenommen werden.
Der Einfluss des Mondes: Licht und seine Auswirkungen auf Katzen
Insbesondere bei Vollmond ist der Mond um ein Vielfaches heller als in den anderen Phasen. Für dämmerungs- und nachtaktive Tiere wie Katzen schafft dies günstigere Lichtverhältnisse, was die Jagdfähigkeit begünstigen kann. Der zusätzliche Lichtschein ermöglicht es Katzen, ihre Umgebung besser wahrzunehmen und Beutetiere leichter zu erspähen. In diesem Zusammenhang ist eine Studie des University Veterinary Medical Center in Colorado von Interesse, die zeigte, dass in Vollmondnächten 23 % mehr verletzte Katzen zur Behandlung gebracht wurden im Vergleich zu Nächten ohne Vollmond (siehe: Studie). Ein möglicher Erklärungsansatz hierfür ist ein erhöhtes Aktivitätsniveau, das durch die gesteigerte nächtliche Lichtintensität bei Vollmond begünstigt wird.
Es gibt Hinweise darauf, dass einige Tiere, die wie Katzen auf Nachtaktivität angewiesen sind, ihre Jagdgewohnheiten je nach Mondphase anpassen. Forschungsergebnisse zeigen, dass manche Tiere, darunter auch bestimmte Raubtiere, bei Vollmond verstärkt jagen, da die Mondbeleuchtung ihre Jagderfolge verbessert. Für Hauskatzen könnte dies bedeuten, dass sie besonders bei starkem Mondlicht aktiver sind, da sie bei guter Sicht nach Beute suchen oder einfach ihre natürliche Neugierde befriedigen.
Mondlicht und das Verhalten von Katzen: Mehr als nur Jagdverhalten?
Obwohl das Mondlicht eine Rolle bei den nächtlichen Aktivitäten von Katzen spielen kann, ist es unwahrscheinlich, dass es allein das Verhalten von Katzen bestimmt. Die Veränderung in der Lichtmenge während des Mondzyklus könnte einen subtilen Einfluss auf ihre Aktivitäten haben. Aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle.
Katzen sind bekannt für ihre territorialen Verhaltensweisen, die sich bei bestimmten Mondphasen verstärken können. Es ist denkbar, dass durch die erhöhte Lichtintensität in Vollmondnächten und damit die besseren Sichtbedingungen bestimmte Aktivitäten wie bspw. Revierkontrollen begünstigt.
Einige Katzen zeigen in Vollmondnächten verstärkte Aktivität und Lautäußerungen. Diese Verhaltensänderungen könnten durch die erhöhte Lichtintensität ausgelöst werden, die möglicherweise den natürlichen Aktivitätsrhythmus beeinflusst und eine stärkere Reaktion auf visuelle Umweltreize bewirkt. Solche Zusammenhänge sind bisher jedoch nicht ausreichend wissenschaftlich belegt.
Kulturelle Wahrnehmung und der mystische Mond
Während es also natürliche, biologische Erklärungen für das Verhalten von Katzen in mondhellen Nächten gibt, bleibt die tiefere kulturelle Assoziation von Katzen mit dem Mond ein faszinierendes Beispiel für die Macht von Mythos und Symbolik. Der Mond als Symbol für das Unheimliche, das Geheimnisvolle und das Unerklärliche hat in vielen Kulturen eine zentrale Rolle gespielt. Katzen, mit ihrem rätselhaften, unabhängigen Wesen und ihrer nächtlichen Aktivität, wurden oft als „magisch“ oder „mystisch“ wahrgenommen.
Die Vorstellung, dass Katzen „mit dem Mond gehen“, könnte also eine Mischung aus tatsächlichem Verhalten und kulturellen Projektionen sein. Es ist der Mensch, der in den nächtlichen Streifzügen seiner Katze, verstärkt durch das Licht des Mondes, etwas Magisches sieht.
Fazit: Die Wahrheit hinter dem Mond-Mythos
Die Vorstellung, dass Katzen in irgendeiner Weise speziell mit dem Mond verbunden sind, hat ihre Wurzeln in biologischen und verhaltenspsychologischen Mustern, die eng mit den natürlichen Rhythmen der Tiere verknüpft sind. Das Mondlicht beeinflusst in der Tat das Verhalten von Katzen, insbesondere ihre Aktivitätsphasen, und könnte sie zu bestimmten Zeiten besonders lebhaft machen. Die mystische Aura, die Katzen umgibt, ist jedoch mehr ein kulturelles Konstrukt, das sich aus jahrhundertealten Mythen und Legenden speist.
Obwohl Katzen also wirklich „mit dem Mond gehen“ – in dem Sinne, dass sie sich bei Mondschein besonders aktiv zeigen – bleibt die Vorstellung von einer besonderen mystischen Verbindung zum Mond ein faszinierendes Produkt menschlicher Fantasie und kultureller Symbolik.