„Wer legt da Steine in den Weg?“

 

 

… Doch bestand sie aufgrund einer Empfehlung (ich beriet ihre Schwester einige Zeit zuvor bei der Auswahl einer neuen Samtpfote und begleitete sie bei der darauffolgenden Zusammenführung) auf meine Beratung.

Wir führten ein ca. zweistündiges Telefonat. In diesem gab sie mir allgemeine Daten über Kira, stellte das Lebensumfeld (Wohnsituation, Beschäftigung, Tagesablauf, Rituale etc.) dar und schilderte die Situationen, wann, wo und in welcher Form Kira Aggressionsverhalten zeigte. Aus ihren Erzählungen heraus zeigte sich mir recht schnell ein roter Faden: Kira, die wie quasi alle Tiere über eine „innere Uhr“ verfügt, zeigte regelmäßig etwa eine Stunde vor jedem Spaziergang eine große Unruhe. Etwa eine halbe Stunde vor jedem Gassi-Gang verfiel sie in´s Bellen. Frau Meier erwähnte außerdem, dass sich Kira mittlerweile vor den Spaziergängen „sträubte“, obwohl sie in der Vergangenheit außer sich vor Freude war, sobald die Hundeleine aus dem Schrank geholt wurde. Weiterhin berichtete sie von Kiras Aggressionsverhalten, welches sich in zahlreichen Versuchen Kiras zeigte, nach der menschlichen Hand, die sie anleinte, zu schnappen.

Für mich lag also nahe, dass Kira´s Meideverhalten (nicht spazieren gehen zu wollen) sowie das vermutlich daraus resultierende Aggressionsverhalten (nach der Hand schnappen) im Zusammenhang standen. Meine Frage, ob Kira vor oder während eines früheren Spaziergangs einen unschönen Vorfall erlebt bzw. in irgendeiner Form schlechte Erfahrungen gemacht hätte (unschöne Hund-/Mensch-Begegnungen, Erschrecken bei lauten Geräuschen, Verletzungen usw.) wurde verneint.

Ich bat Frau Meier, mir die Abläufe der Spaziergänge genauer zu erläutern. Es sind oftmals die scheinbar unbedeutenden Nebensätze, die mich aufhorchen lassen. Denn Frau Meier erzählte, dass Kira seit einiger Zeit unheimlich lange benötige, um sich Erleichterung zu verschaffen. Außerdem würde sie dazu nicht mehr ihre ehemals bekannten Örtchen aufsuchen, sondern wie Frau Meier formulierte „irgendwann wild drauf lospieseln“.

Ich hatte einen großen Verdacht, der sich durch Frau Meiers Antwort auf meine nächste Frage erhärtete. Nach längerem Nachdenken bestätigte mir Frau Meier, dass sie sich ziemlich sicher sei, die Zeitpunkte, zu denen Kira die Spaziergänge mied sowie Aggressionsverhalten zeige und die Örtlichkeiten nicht mehr ritualisiert aufsuche, lägen eng zusammen.

Meine Empfehlung an Frau Meier: Ich bat sie möglichst unverzüglich einen Tierarzt aufzusuchen, um Kira organisch durchchecken zu lassen und außerdem eine Urinprobe abzugeben. Bevor ich meine Vermutung äußern konnte, erwähnte Frau Meier außerdem, sie müsse mit Kira eh mal wieder zur Vorsorgeuntersuchung. Der letzte Tierarztbesuch, als Kira wegen einer Blasenentzündung behandelt werden musste, sei schon lange her.

Bei dieser Aussage sah ich meinen Verdacht fast bestätigt, denn ich tippte auf Harnsteine, die Kira das Leben schwer machten. Dies würde auch das Meideverhalten in Verbindung mit den Gassi-Gängen erklären. Denn Kira verband mit den täglichen Spaziergängen Schmerzen, die sie verspüren musste, sobald sie sich notgedrungen Erleichterung verschaffte. Entsprechend mussten ihr die Spaziergänge wie eine Bestrafung erscheinen, was wiederum das Aggressionsverhalten auslöste und erklärte. Dass sie dieses ausschließlich beim Anleinen zeigte, war ebenfalls erklärbar, denn für Kira war die Hundeleine ein konditioniertes Ankündigungssignal für Spaziergänge. Und Spaziergänge …. So schließt sich der Kreis.

Resultat: Der Tierarzt diagnostizierte tatsächlich Struvitsteine, die sich nach Aussage des Veterinärmediziners vermutlich aufgrund einer nicht vollends ausgeheilten Blasenentzündung gebildet hatten. Glücklicherweise konnten die Steine medikamentös aufgelöst werden.

Ich freue mich, dass ich Frau Meier bei ihrem Anliegen unterstützen durfte.